(HC)
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HL.49020804
Essays
before a Sonata.
Composed by Charles Ives.
Edited by Werner
Baertschi. This edition:
Hardback/Hard Cover.
Book. Edition Schott.
Charles Ives, der
radikale Neuerer, der in
seinen Kompositionen mit
den gangigen
musikalischen Formen
seiner Zeit brach, legt
hier seinen
philosophischen
Standpunkt, seine
Gedanken zu seinen
Kompositionen und zu
Fragen seiner Zeit dar.
286 pages. Schott Music
#ATL 6118. Published by
Schott Music
(HL.49020804).
ISBN
9783254001184.
German.
Obwohl
Charles Ives (1874-1954)
eine grundliche
musikalische Ausbildung
an der Yale University
genossen hatte, schlug er
sehr bald eine
erfolgreiche Laufbahn als
Versicherungskaufmann ein
und widmete sich seiner
musikalischen Arbeit nur
abends und an den
Wochenenden. In fast
volliger Isolation vom
Musikgeschehen der Zeit
schuf er ein
umfangreiches OEuvre,
dessen grosse Bedeutung
erst in den 60er Jahren
entdeckt wurde: Ives
entpuppt sich darin als
radikaler Neuerer, der
sowohl mit der damals
gangigen musikalischen
Syntax als auch den
auffuhrungspraktischen
Bedingungen seiner Zeit
weitgehend brach.
Allerdings ware es
verfehlt, ihn bloss zum
musikalischen Enfant
terrible abzustempeln,
das sich dank seiner
materiellen
Unabhangigkeit uber die
Grenzen des
Musikbetriebes
hinwegsetzen konnte.
Dafur war Ives ein viel
zu reflektierender,
verantwortungsbewusster
Mensch, der zudem fest in
der denkerischen
Tradition des
neuenglischen
Transzendentalismus
verwurzelt war. So
gesehen erstaunt es kaum,
dass Ives sich ausser der
Musik - und
gewissermassen parallel
dazu - noch eines andern
Mediums, des
literarisch-philosophisch
en Essays, bediente, um
seinen Uberzeugungen
Ausdruck zu
verschaffen.Dies gilt
insbesondere fur Ives'
tiefsinnigsten und
ausgereiftesten Text, die
Essays before a Sonata
(1920), der als
Begleitschrift zur
zweiten Klaviersonate
(Concord, Mass.,
1840-1860) des
Komponisten konzipiert
war. Allerdings sind die
Essays keineswegs ein
Werkkommentar im
traditionellen Sinne: Sie
gehen zwar von konkreten
musikasthetischen Fragen
(namlich der Problematik
der Programmmusik) aus,
weiten sich aber zu einer
sehr subjektiv gefarbten
Darstellung von vier
hochbedeutenden
amerikanischen
Schriftstellern des 19.
Jahrhunderts aus - die
Rede ist von Ralph Waldo
Emerson, Nathaniel
Hawthorne, Bronson Alcott
und Henry David Thoreau.
Die vier Hauptabschnitte
der Essays, die den vier
behandelten Autoren
entsprechen, geben in
ihrem innigen Konnex zu
den vier Satzen der
Concord-Sonata - er
erstreckt sich von vagen
inhaltlichen
Vorstellungen und Bildern
bis hin zu ganz konkreten
syntaktischen und
formalen Parallelen -
Aufschluss uber die
Kompositionsprinzipien
nicht nur der
Concord-Sonata, sondern
der Musik Ives' ganz
allgemein, so dass man
die Essays before a
Sonata als sehr gelungene
und in ihrer
Ausfuhrlichkeit wohl
einmalige Paraphrase von
Musik bezeichnen darf.Das
Nachwort zu den 114
Liedern (1922) ist mit
den Essays insofern
verwandt, als es zwei
langere Stellen aus ihnen
zitiert. Diese
Zitierpraxis - man
begegnet ihr auch in
Ives' Musik - ist
bezeichnend fur Ives'
Denkweise: Ives macht von
seinem Stoff sehr
flexiblen Gebrauch, er
setzt ihn in der Art von
Versatzstucken immer
wieder neu zusammen und
kommt so immer wieder zu
einem neuen, anders
gearteten Ganzen. So geht
Ives im Nachwort weniger
allgemein
kunstphilosphischen
Problemen als der ganz
individuellen Frage nach,
warum er die Musik nur
als Nebenberuf ausuben
wollte. Seine Antwort,
die er mit seinem
typischen Yankee-Humor
vortragt, macht
einerseits deutlich, wie
sehr Ives von einem
puritanischen
Verantwortungsgefuhl
gegenuber der
Gesellschaft gepragt war,
und zeigt andererseits
Ives' tiefen Glauben an
eine Musik, die fest im
Alltagsleben verwurzelt
und somit denkbar weit
von der europaischen
Tradition der art pour
l'art entfernt war.Die
Memos (ca. 1932-34)
schliesslich sind ein
Dokument ganz anderer
Art: Weder sollten sie,
wie die beiden andern
hier vorgelegten Texte,
ein bestimmtes
musikalisches Werk
begleiten, noch besitzen
sie den hohen
gedanklichen Ausspruch
der Essays und des
Nachworts. Es sind
autobiographische
Aufzeichnungen, die Ives
ursprunglich diktierte,
deren Manuskripte er aber
danach mehrmals durchsah
und korrigierte. Sie
gliedern sich in drei
lose aneinandergereihte
Teile: Im Anlass
betitelten Abschnitt
nimmt Ives auf teils
humoristische, teils
sarkastische Weise zu den
Anfeindungen Stellung,
die ihm die damals
sparlichen Auffuhrungen
seiner Werke bescherten.
Im Sammelalbum gibt er
einen chronologischen
Uberblick uber Entstehung
und Gehalt seiner
wichtigsten Werke. Und in
den Erinnerungen
verschafft Ives nochmals
den Grundpositionen
seiner idealistischen
Musikasthetik, seiner
Abneigung gegen jede Form
von Kommerz und Routine
und seiner Verachtung
aller musikalischen
Kleingeister Ausdruck.
Uberdies sind die Memos -
trotz ihrer defensiven
Grundhaltung - so
humorvoll, engagiert und
bildreich verfasst, dass
sie nicht nur die
detaillierteste, sondern
auch die wohl anregendste
Primarquelle zum Leben
und Werk dieses
vielleicht
eigenwilligsten
Komponisten des fruhen
20. Jahrhunderts
bilden.