SKU: BR.EB-9380
ISBN 9790004188507. 10.5 x 14 inches.
,,Trau er nur dem holzernen Freund nicht. Er ist manchmal ein lederner (aus den Beethoven-Konversationsheften) Dieses Schlagzeugtrio, das in enger Zusammenarbeit mit den Widmungstragern entstanden ist, besteht aus drei Teilen. Es wird durch die schiere Freude am dramaturgisch gebundelten Konstruieren entlang seismischer Bruchlinien gepragt. Die drei Percussion-Spieler wechseln wahrend des Werkes zwischen drei Setups an verschiedenen Spielpositionen - vom Buhnenhintergrund, uber die Mitte der Buhne bis vorne an der Buhnenrampe. Dabei wird jeweils ein anderes Klangmaterial, im ersten Teil (Part I) das Fell, im zweiten Teil (Part II) das Metall und im dritten Teil (Part III) das Holz in den Mittelpunkt gestellt. Part I (5'30'') ist mit drei O-Daikos besetzt, die mit Fingern, Handen, Fausten, Superballs und Holzstaben gespielt werden. Part II (6'00'') ist um drei Glockenspiele, drei Vibraphone und drei Sixxen gruppiert und integriert auch Metallinstrumente wie Chinese Opera Gongs, Mini-Tam-Tams und Metalltonnen, die mit Fussmaschine gespielt werden. In Part III (4'00'') spielen alle drei Musiker mit Rundstaben, Handen und Rohrenglockenhammern das mit sieben massiven Balken aus Eschenholz besetzte baskische Nationalinstrument Txalaparta, das auch seine ganz eigene Geschichte im Widerstand gegen die Franco-Diktatur hat. Reizvoll war fur mich sowohl, dass man zu dritt auf diesem archaischen Instrument wirklich aberwitzig schnelle Rhythmen spielen kann, als auch, dass dieses Instrument auf Konzertpodien klanglich wie optisch noch vollig neu ist - und dies, trotz aller Schlichtheit, bei einem unglaublichen Reichtum an Klangmoglichkeiten. Kleine rhythmische Zellen, die sich immer wieder zu vielfaltigen neuen Texturen - bis zur klanglichen Entfesselung - zusammenballen und eine feine Differenzierung und Dynamisierung der Anschlagsmoglichkeiten bestimmen dieses Werk. Auch, wenn nur Part II durch den Einsatz bestimmter Tonhohen gepragt ist (durch die Verwendung der von Yannis Xenakis erfundenen Sixxen durchaus mikrotonal), so gibt es doch unuberhorbar abschnittsubergreifende Kontinuitaten in Rhythmik und Motivik, die das ganze Werk bestimmen und es dabei wie feine seismische Adern durchziehen. (Johannes Maria Staud, 2020)World premiere: Vienna, October 17, 2020 Commissioned by KolnMusik GmbH as a part of the Non Beethoven project of the Kolner Philharmonie for 2020, Wiener Konzerthaus and Martin Grubinger / Percussive Planet.
SKU: BR.EB-9058
World premiere: Oldenburg, Exerzierhalle, November 29, 2011
ISBN 9790004184172. 11 x 14 inches.
In der Ara der grossen Schlagzeugbesetzungen habe ich fur kleine Besetzungen geschrieben. Dies gilt jetzt als zukunftsweisend. Pothos ist also gegen den gegenwartigen Besetzungstrend geschrieben. Ich bin trotzdem froh es war eine neue Erfahrung fur mich. Allerdings nicht zu Anfang. Die Instrumente in meinem Arbeitszimmer zeigten sich stur, unnahbar und dickkopfig. Sie stellten sich taub gegen musikalische Klangstrukturierungen. Klangfamilien, hoch / mittel / tief, Farbraffinessen etc., waren schale Abfallprodukte einer Instrumentenwelt, die voller Verachtung auf Grenzuberschreitungen blickte. Erst als ich die Vorstellung einer riesigen Bibliothek hatte, in der alle Tone, Klange und Gerausche feinsauberlich eingeordnet waren und diese Klange begannen, ihre Grenzen zu zersetzen und miteinander wechselzuwirken, eroffnete sich mir eine neue Kategorie des Zusammenhangens und -wirkens: nicht ein Strukturgedanke, sondern die Sehnsucht. Die Sehnsucht eines Klanges zum nachsten, die auch bestimmt, wie dieser Klang zu sein hat. Der Komponist, der Interpret, der Horer ein Medium furs Dazwischen. Sehnsucht hat Charakter, zeigt Vernunft, drangt auch zur Materialisierung. Im Kratylos schreibt Platon von Pothos als einer bestimmten Art von Sehnsucht, die nach etwas anderswo Seiendem und Abwesendem (neben den anderen Arten von Eros und Himeros). Es ist nicht naheliegend, wie der Klang, der vom Instrument kommt, aber zu blosser schwingender Luft sich verwandelt, verraumlicht. Pothos, Himeros und Eros galten auch als Sohne des Zephiros, des Westwindes, des Windes aus dem Dunkel, wo die Sonne untergeht. Das ist fur mich eine schone Horhaltung, die auch Sehnsuchtsgemeinschaften geniessen kann, z. B. das Durchmesseraustasten von Anschlagen, instrumentenubergreifendes Spielen mit einer Hand, das Anschlagen von Instrumenten mit einem anderen Instrument und am Schluss das eigenartige Anblasen des japanischen Popen, das auf einem Bild Utamaros im Mund einer Dame zu sehen ist (ca. 1792), ein Glasspielzeug. Wenn Sie sich beim Horen im Suden sitzend und nach Norden auf die Buhne schauend vorstellen, dann hat auch die Instrumentenaufstellung in einer Art Spirale, von Ost nach West verlaufend, den notigen fliessenden Ausdruck von Pothos, nach dem anderswo Seienden oder Abwesenden. Nicolaus A. Huber (August 2010)World premiere: Oldenburg, Exerzierhalle, November 29, 2011.