Trio (clar,va,perc)
SKU: BR.EB-9414
Composed by Helmut
Lachenmann. Chamber
music; stapled. Edition
Breitkopf. World
premiere: Munich, March
5, 1968EB 9414 will be
published in June 2021.
Music post-1945; New
music (post-2000).
Performance score.
Composed 1966. 24 pages.
Duration 16'. Breitkopf
and Haertel #EB 9414.
Published by Breitkopf
and Haertel (BR.EB-9414).
ISBN 9790004188880.
10.5 x 14
inches.
Das Stuck
stellt fur mich einen von
verschiedenen Versuchen
dar, aus einem streng
punktuellen Musikdenken
herauszufinden, mit dem
ich mich seit meinem
Studium bei Luigi Nono
identifiziert hatte und
dem ich auf meine eigene
Weise treu zu bleiben
entschlossen war,
besonders in jener Zeit,
als sich die sogenannte
Avantgarde mehr und mehr
auf surrealistische
Kompromisse mit der
burgerlichen
Bequemlichkeit
einzulassen schien. Die
Besetzung - Klarinette,
Bratsche und Schlagzeug
(Marimbaphon mit
Almglocken, Becken, Pauke
und Bongos) -
gewahrleistete eine
homogene Ausgangsbasis
der instrumentalen
Mittel, von wo aus
einerseits eine Art
Klang-Gestik - das heisst
enger oder weiter
verzweigte
Tonfigurationen - sich
entwickeln liess, wahrend
andererseits die
Klangdifferenzierung nach
innen weiter getrieben
werden konnte bis hinein
in die bewusstgemachte
Anatomie des entstehenden
(geblasenen,
geschlagenen, geriebenen,
gestrichenen, gezupften,
getupften usw.) Tones.
Zwischen diesen beiden
Gegensatzen -
Verflussigung des
punktuell Gedachten hier
und seiner Versteinerung
beziehungsweise inneren
Aufbrechung, Offnung dort
- bewegt sich diese
Musik: Gegensatze, die
ich in spateren Werken
bis in radikale Extreme
weitergetrieben habe,
wahrend hier das Ganze
noch einem eher
abstrakt-spielerischen
Gesamtcharakter
verpflichtet bleibt.
(Helmut Lachenmann, 1989)
Trio fluido , noch vor
dem Schlagzeugsolostuck
Interieur I, meinem Opus
1, entstanden, gehort
einer Schaffensphase an,
die noch streng
strukturalistisch gepragt
war, in der also
ausschliesslich am
akustischen Material
orientierte Beziehungen
und Entwicklungen
kompositorisch gesteuert
wurden. Was immer in
diesem Stuck an
Spielerischem einerseits,
an Verfremdung und
Klangzersetzung
andererseits zu finden
ist, ergab sich aus der
Anwendung von solchen
immanent orientierten
Gesetzmassigkeiten, war
also nirgends Gegenstand
von expressiver
Spekulation. Formal hat
man es mit einer vielfach
gebrochenen, aber
insgesamt zugleich
steigenden und fallenden
Kurve zu tun: Auf dem
Hintergrund scheinbar
lose aufgereihter
Abschnitte kehren sich
mehr und mehr extreme
Materialeigenschaften
hervor, schliessen sich
zusammen, bewirken
insgesamt eine
Zuspitzung, die umschlagt
in den Kontrast eines
statischen, durch innere
Fluktuationen belebten
Feldes. Dieses zerfasert
sich seinerseits bis zum
Schluss, wobei hinter den
Tonfiguren die
Gerauschkomponenten,
hinter diesen die
Erfahrung von der
korperlichen
Beschaffenheit des
klingenden Stoffes und
dahinter die auf solche
Weise entleerte Zeit
freigelegt,
bewusstgemacht und in den
musikalischen
Zusammenhang
eingegliedert wird.
Strukturelles Musizieren:
Das ist eine paradoxe
Vorstellung. In Trio
fluido entdeckt und nutzt
die Musik selbst diesen
Widerspruch. Mit der
zunehmenden Auflosung
(und zugleich der
instrumentaltechnischen
Ausuferung im Schlagzeug)
schalen sich jene andere
Materialwahrnehmung und
daran gebundene
Expressivitat heraus, die
in meinen spateren
Werken, zuerst in temA,
Air und Klangschatten
Ausgangshaltung
bedeuteten, um die
Reflexion der Bedingungen
des Horens und
Musizierens ins Horen
selbst mit einzubeziehen.
(Helmut Lachenmann, 1993)
CD: Uwe Mockel, Barbara
Maurer, Christian
Dierstein CD Montaigne
Auvidis MO 782023
Bibliography: Brunner ,
Eduard: krawall im saal.
Eduard Brunner uber seine
Erfahrungen mit der Musik
von Helmut Lachenmann und
die Zusammenarbeit mit
dem Komponisten, in: Neue
Zeitschrift fur Musik 167
(2006), Heft 1, p.
32f.
World
premiere: Munich, March
5, 1968.